Ich startete in meinen dritten Tag mit dem primären Ziel eine Unterkunft für die nächsten 10 Monate zu finden. Ich wollte mein Nomadenleben so schnell wie möglich beenden, denn jeden Tag im Hostel nur aus den Koffern zu leben und je nach Buchungslage immer wieder die Zimmer zu wechseln war nicht nur nervig, sondern auch teuer.
Den Vormittag verbrachte ich also weiterhin damit das 'Internet durchzuwühlen' und Leute anzuschreiben. Antworten vom Vortag hatte ich keine. Bei etwas mehr als 125 000 Einwohnern in Grenoble fegen ca. 60 000 Studenten den Wohnungsmarkt ganz schnell leer (Quelle Zahlen, Stand 2006). Wie einige andere jedoch schon vor der Anreise übers Internet die 'Katze im Sack' mieten wollte ich auch nicht. Es gibt Fälle bei denen es gut verlaufen ist und Fälle, die Pech hatten. Für 10 Monate will ich schon selbst sehen wo ich wohne.
Da meine Reservierung für die Herberge vorbei war, packte ich also meine Sachen und startete in den Tag, der mich hoffentlich nicht mehr hierhin zurückführen sollte. Ich fuhr als erstes in den Norden von Grenoble in die Berge, um mich dort mit Héloïse zu treffen. Glücklicherweise bekam ich den Kontakt zu ihr, da sie die Freundin eines Freundes ist - eine Person, die sich mit den lokalen Gegebenheiten auskennt und die Sprache perfekt beherrscht ist ein enormer Trumpf in Sachen Wohnungssuche.
Doch auch mit ihr blieb die Internet- und Telefonrecherche erfolglos, sodass ich mich am Nachmittag zum ADIIJ, Pôle Jeunesse aufmachte, weil es dort ein großes Schwarzes Brett gab, auf dem alle möglichen Wohnungs- und WG-Angebote angebracht waren. Das Durchtelefonieren der Angebote brachte mir allerdings auch keinen Erfolg, weil ich bei den meisten nicht einmal durchkam - vielleicht wollte keiner bei einer ausländischen Nummer abnehmen?
Auch ein Treffen mit einem Studenten, der ein Freund von einem der Bureau International (BI) Studenten ist, lief voll gegen den Baum. Wir verabredeten uns zu einer Wohnungsbesichtigung, weil er auch auf der Suche nach einer WG war. Die Wohnung war nicht in der schönsten Ecke, O.K., wir wären die ersten beiden der WG und müssten vermutlich einiges organisieren, O.K. - Aber, warum er Wohnungen ausgesucht hat, die völlig unmöbliert waren, ist mir echt ein Rätsel. Nachdem wir das geklärt hatten, versprach er mir, sich mit mir am Pôle Jeunesse zu treffen. Zu zweit kann man nach anderen Angeboten suchen, als wie ich zuvor allein. Allerdings tauchte er dort nicht auf und reagierte auch nicht auf Anrufe von mir, nachdem ich wirklich sehr lange auf ihn gewartet habe. Irgendwann bekam ich dann eine Nachricht von ihm, dass er es wohl nicht gefunden hätte, irgendwo an der Uni im Internet recherchieren will und sich dann nochmal bei mir meldet. Mit der Sache war das Thema für mich abgehakt.
Da es Abend war, hatte ich mir in meiner momentanen aussichtslosen Lage noch vorgenommen zur Rezeption der Houille Blanche zu gehen und nach einem Platz zu fragen, um erstmal für einige Zeit was festes zu haben und dann weiterzusuchen. Problem Nummer Eins: Die Wohnheime sind sich sicherlich über die geringe Qualität, die sie bieten, bewusst und haben kündigungsfristen von 3 Monaten! In Berlin sollte ich 6 Wochen vorher Bescheid geben und 4 waren auch noch in Ordnung. Problem Nummer 2: Die verantwortliche Kraft hat natürlich bereits vorzeitig Schluss gemacht und in der Rezeption saß nun ein Hausmeister oder etwas ähnliches. Der konnte nicht nur kein Englisch, sondern meinte auch, dass er nichts tun könne, obwohl er wisse, dass Zimmer frei wären und ich sollte morgen wiederkommen. Auf meinem Weg, das Gelände zu verlassen traf ich einen Franzosen, mit dem ich in der Uni schonmal etwas ins Gespräch gekommen bin. Er bat mir an, mich ein wenig rumzuführen, was alle meine Vermutungen bestätigte und teilweise sogar verschlimmerte. Das einzig angenehme war, dass es eine Lobby mit freiem Internetzugang gab, zum Arbeiten allerdings nicht wirklich benutzbar, da es dort eh immer ziemlich voll ist und auf einer Stuhlreihe Hausaufgaben machen muss auch nicht sein. Ansonsten gibt es wohl einen Trick eine Waschmaschine im Waschraum kostenlos zu benutzen, die aber eh immer belegt ist und einen Swimmingpool umgeben von hohen Mauern, der nur zu bestimmten Zeiten genutzt werden kann und wenn es warm ist auch immer voll ist. Die Zimmer sind tatsächlich kleine Haltungsräume, die in der Tierwelt bereits verboten sein sollten, zu denen Flure führen, durch die gerade mal eine Person durchkommt, ähnlich kleiner Aufgänge in Schiffen. Zum Thema Schiffen kann man vielleicht noch die kleinen Fenster erwähnen, die es in einigen Räumen nicht einmal mit direktem Zugang zum Sonnenlicht gibt, sondern die zu einem Gang führen, der ein Querstich in das Haus ist. Abgerundet wird das ganze durch dreckige Küchen und Gemeinschaftstoiletten für den ganzen Flur. Sobald man sich auf dem Innenhof befindet fühlt man sich ein wenig wie im Gefängnis, da das Gelände von hohen Mauern und Zäunen, zum Teil mit Kameras bewacht, umgeben ist - angesichts dem Umfeld des Wohnheims sicherlich angemessen. Hier wollte ich sicherlich nicht hausen.
Ich machte ich mich also wieder mit dem Gedanken vertraut im Hostel zu übernachten, soweit dort Platz für mich war und beschloss morgen zum Subway, einer Studentenbar in Grenoble, zu gehen. Dort gibt es im August bis Oktober immer dienstags und donnerstags Abend ein so genanntes "Speed Dating Coloc" wo man eine WG suchen und finden kann.
Zum Tagesabschluss besuchte ich noch kurz eine weitere Abendveranstaltung des BI, um vom Tag etwas runterzukommen, was ich leider nicht richtig und nur zum Teil genießen konnte. Anschließend begab ich mich dann für eine weitere Nacht ins Hostel, nachdem ich noch ein paar Anzeigen im Internet durchstöbert habe.